Montag, 24. Dezember 2012

Weihnachten 24 - 26 Dez. 2012


Den Weihnachtsbaum, habe ich geschmückt für euch hat die Geschichte mein Freund Benno geschrieben. Ich lade euch zum Lesen ein, es soll mein Weihnachtsgeschenk an euch sein.

Die kleinen Leute von 
Swabedu
Vor langer, langer Zeit lebten kleine Leute auf der Erde. Die meisten von ihnen wohnten im Dorf Swabedu und sie nannten sich Swabeduraner.
Sie waren sehr glücklich: liefen herum mit einem Lächeln bis hinter die Ohren und grüßten jederman.
Was die Swabeduraner am liebsten machten, war, einander warme, weiche Pelzchen zu schenken. Jeder von ihnen trug über seiner Schulter einen Beutel, der mit weichen Pelzchen angefüllt war.
Jedes Mal, wenn sich Swabeduraner trafen, gab der eine dem anderen ein warmes, weiches Pelzchen.
Es ist sehr schön, einem anderen ein warmes, weiches Pelzchen zu schenken. Es sagt dem anderen: „Du, ich mag dich!“
Und ebenso schön ist es, von einem anderen ein solches Pelzchen zu bekommen. Man spürt, wie warm und flaumig es sich am Gesicht anfühlt, und es ist ein wunderbares Gefühl, wenn man es sanft und leicht zu den anderen in den Beutel legt.
Man fühlt sich anerkannt und geliebt, wenn man ein Pelzchen geschenkt bekommt und möchte auch gleich wieder etwas Gutes und Schönes tun.
Die kleinen Leute von Swabedu gaben und bekamen gern weiche, warme Pelzchen, und ihr gemeinsames Leben war immer glücklich und fröhlich.
Außerhalb des Dorfes, in einer kalten, dunklen Höhle, wohnte ein großer, grüner Kobold. Eigentlich wollte er gar nicht alleine dort draußen hausen, und manchmal war er auch sehr einsam. Er hatte schon einige Male am Rand des Dorfes gestanden und sich gewünscht, er könnte dort mitten unter den fröhlichen Swabeduranern sein, aber er hatte ja nichts anzubieten – und das Austauschen warmer, weicher Pelzchen hielt er ohnehin für einen Unsinn.
Traf er einmal am Waldrand einen der kleinen Leute, dann kurrte er nur Unverständliches und lief schnell wieder zurück in seine feuchte, dunkle Höhle.
Eines Abends, als der große, grüne Kobold wieder einmal am Waldrand stand, begegnete ihm ein freundlicher kleiner Swabeduraner. „Ist das heute nicht ein schöner Tag?“, fragte der Kleine lächelnd.
Der grüne Kobold zog nur ein grämliches Gesicht und gab keine Antwort. „Hier, nimm ein warmes, weiches Pelzchen“, sagte der Kleine, „das ist ein besonders schönes. Sicher ist es für dich bestimmt, sonst hätte ich es schon lange verschenkt“.
Aber der grüne Kobold nahm das Pelzchen nicht an. Er sah sich erst nach allen Seiten um, um sich zu vergewissern, dass ihnen auch keiner zusah oder zuhörte, dann beugte er sich zu dem Kleinen hinunter und flüsterte ihm ins Ohr: „Du, hör mal, geh nur nicht zu großzügig mit deinen Pelzchen um. Weisst du denn nicht, dass du eines Tages kein einziges Pelzchen mehr haben wirst, wenn du sie einfach an jeden, der dir über den Weg läuft, verschenkst?“
Erstaunt und ein wenig hilflos blickte der kleine Swabedurianer zu dem Kobold hoch. Der hatte in der Zwischenzeit den Beutel von der Schulter des Kleinen genommen und geöffnet.
Er klang richtig befriedigt, als er sagte: “Hab ich es dir nicht gesagt! Kaum mehr als 217 Pelzchen hast du noch in deinem Beutel. Also, wenn ich du wäre, würde ich mit dem Verschenken vorsichtig sein!“
Damit tappte der Kobold auf seinen großen, grünen Füßen davon und ließ einen verwirrten und unglücklichen Swabeduraner am Waldrand zurück. Er war so verwirrt, so unglücklich, dass er gar nicht darüber nachdachte, dass das, was der Kobold da erzählte, überhaupt keinen Sinn ergab.
Denn jeder Swabedurianer besaß ja einen unerschöpflichen Vorrat an Pelzchen. Schenkte er ein Pelzchen, so bekam er sofort von einem anderen ein neues und dies geschah immer wieder, ein ganzes Leben lang. Wie sollten dabei die Pelzchen ausgehen können?
Auch der Kobold wusste das, doch er verließ sich auf die Gutgläubigkeit der kleinen Leute. Und auf noch etwas verließ er sich, auf etwas, das er an sich selbst entdeckt hatte und von dem er wissen wollte, ob es auch in den kleinen Swabeduranern steckte. Deshalb hatte er den kleinen Swabedurianer ganz bewusst belogen. Nun setzte er sich an den Eingang seiner Höhle und wartete.
Vor seinem Haus in Swabedu saß der kleine, verwirrte Swabeduraner und grübelte vor sich hin. Es dauerte nicht lange, bis ein Bekannter vorbei kam, mit dem er schon viele warme, weiche Pelzchen getauscht hatte.
“Was für ein herrlicher Tag!” rief der Freund, griff in seinen Beutel und gab dem anderen ein Pelzchen. Doch dieser nahm es nicht freudig entgegen, sondern wehrte mit den Händen ab. „Nein, nein! Behalte es lieber!“, rief der Kleine, „wer weiß, wie schnell dein Vorrat sonst abnimmt. Eines Tages stehst du dann ohne Pelzchen da!“
Der Freund verstand ihn nicht, zuckte nur mit den Schultern, packte das Pelzchen wieder zurück in seinen Beutel und ging mit einem leisen Gruß davon.
Aber er nahm verwirrte Gedanken mit und am gleichen Abend konnte man noch dreimal im Dorf hören, wie ein Swabedurianer zum anderen sagte: „Es tut mir leid, aber ich habe kein warmes, weiches Pelzchen für dich. Ich muss aufpassen, dass sie mir nicht ausgehen“.
Am kommenden Tag hatte sich dies alles im ganzen Dorf ausgebreitet. Jedermann begann, seine Pelzchen aufzuheben. Man verschenkte zwar immer noch ab und zu eines, aber man tat dies erst nach langer, gründlicher Überlegung und sehr, sehr zurückhaltend. Und dann waren es meist nicht die ganz besonders schönen Pelzchen, sondern die mit kleinen Flecken und die schon etwas abgenutzten.
Die kleinen Swabedurianer wurden misstrauisch. Man begann, sich argwöhnisch zu beobachten, man dachte darüber nach, ob der andere auch wirklich ein Pelzchen wert war. Manche trieben es soweit, dass sie ihre Pelzbeutel nachts unter den Betten versteckten. Streitigkeiten brachen darüber aus, wie viele Pelzchen dieser oder jener besaß. Und schließlich fingen die Leute an, warme, weiche Pelzchen gegen Sachen einzutauschen, statt sie einfach zu verschenken.
Der Bürgermeister von Swabedu führte sogar eine Erhebung durch, um festzustellen, wie viele Pelzchen vorhanden seien und rief die Pelzchen als Tauschmittel aus.
Bald stritten die Leute darüber, wie viele Pelzchen eine Übernachtung oder eine Mahlzeit im Hause eines anderes wert sein müsste.
Es gab sogar einige Fälle von Pelzchenraub!
An dämmerigen Abenden fühlte man sich draußen nicht mehr sicher; an Abenden, an denen die Swabeduraner früher gerne im Park oder auf den Straßen spazieren gegangen waren, um einander zu grüßen und um sich gegenseitig mit warmen, weichen Pelzchen zu beschenken.
Oben am Waldrand saß der große, grüne Kobold und beobachtete mit Genugtuung alles.
Das Schlimmste aber geschah einige Zeit später. An der Gesundheit der kleinen Leute begann sich etwas zu verändern. Viele beklagten sich über Schmerzen in den Schultern und im Rücken und mit der Zeit befiel immer mehr Swabeduraner eine Krankheit, die Rückraterweichung genannt wurde.
Die kleinen Leute liefen gebückt und in schweren Fällen sogar bis zum Boden geneigt umher. Die Pelzbeutelchen schleiften auf der Erde. Viele fingen an zu glauben, dass die Ursache ihrer Krankheit das Gewicht der Beutel sei und dass es besser wäre, diese im Hause zu lassen und einzuschließen. Es dauerte nicht lange und man konnte kaum noch einen Swabedurianer mit einem Pelzbeutel auf dem Rücken antreffen.
Der große, grüne Kobold war mit dem Ergebnis seiner Lüge sehr zufrieden. Er hatte herausfinden wollen, ob die kleinen Leute auch so handeln und fühlen würden wie er selbst, wenn er, wie das fast immer der Fall war, selbstsüchtigte Gedanken hegte.

Sie hatten sich so verhalten!

Der große Kobold fühlte sich sehr erfolgreich. Er kam jetzt häufiger ins Dorf der kleinen Leute. Aber niemand grüßte ihn mit einem Lächeln, niemand bot ihm ein Pelzchen an. Stattdessen wurde er misstrauisch beäugt, genauso, wie sich die kleinen Leute untereinander anstarrten. Dem Kobold gefiel das gut. Für ihn war dieses Verhalten die „Realität“.
In Swabedu ereigneten sich mit der Zeit immer schlimmere Dinge. Vielleicht wegen der Rückraterweichung, vielleicht auch, weil niemand mehr ein warmes, weiches Pelzchen hergab – wer weiß das schon so genau?
Einige Leute starben in Swabedu. Nun war alles Glück aus dem Dorf verschwunden. Die Trauer war sehr groß.
Als der große, grüne Kobold davon hörte, war er richtiggehend erschrocken. „Das wollte ich doch nicht!“, sagte er zu sich selbst. „Ich wollte ihnen doch bloß zeigen, wie die Welt wirklich ist. Aber den Tod habe ich ihnen nicht gewünscht.“
Er überlegte, was man nun machen könne – und es fiel ihm tatsächlich etwas ein.

Tief in seiner Höhle hatte der Kobold eine Mine mit kaltem, stacheligem Gestein entdeckt. Er hatte viele Jahre damit verbracht, die stacheligen Steine aus dem Berg auszugraben und sie in einer Grube einzulagern. Er war vernarrt in dieses Gestein, weil es so schön kalt war und so angenehm prickelte, wenn er es anfasste. Aber nicht nur das: Er liebte diese Steine auch deshalb, weil sie alle ihm gehörten. Und immer, wenn er davor saß und sie ansah, war das Bewusstsein, einen großen Reichtum zu besitzen, für den Kobold ein schönes, befriedigendes Gefühl.

Doch jetzt, als er das Elend der kleinen Swabedurianer sah, beschloss er, seinen Steinreichtum mit ihnen zu teilen. Er füllte unzählige Säckchen mit kalten, stacheligen Steinchen, packte die Säckchen auf einen großen Handkarren und zog damit nach Swabedu.
Wie froh waren die kleinen Leute, als sie die stacheligen, kalten Steine sahen! Sie nahmen sie dankbar an. Nun hatten sie wieder etwas, das sie sich schenken konnten.
Nur: Wenn sie einem anderen einen kalten, stacheligen Stein gaben, um ihm damit zu sagen, dass sie ihn mochten, dann war in ihrer Hand, und auch in der Hand des Beschenkten, ein unangenehmes, kaltes Gefühl.
Es machte nicht so viel Spaß, kalte, stachelige Steine zu verschenken wie warme, weiche Pelzchen.

Immer hatte man ein eigenartiges Ziehen im Herzen, wenn man einen stacheligen Stein bekam. Man war sich nicht sicher, was der Schenkende damit eigentlich meinte. Der Beschenkte bliebt oft verwirrt und mit zerstochenen Fingern zurück.
So geschah es, nach und nach, immer häufiger, dass ein kleiner Swabeduraner oder eine kleine Swabeduranerin unter das Bett kroch, den Beutel mit den warmen, weichen Pelzchen hervorzog, sie an der Sonne ein wenig auslüftete und, wenn er oder sie einen Stein geschenkt bekam, dafür ein warmes, weiches Pelzchen zurückgab.
Wie leuchteten dann die Augen des oder der Beschenkten!
Ja, mancher lief sogleich nach Hause, kramte seinen Pelzbeutel hervor, um auch an Stelle des stacheligen Steines ein Pelzchen zu schenken.
Man warf die Steine jedoch nicht weg. Es holten auch nicht alle Swabedurianer ihre Pelzbeutelchen wieder hervor. Die kalten, stacheligen Steingedanken hatten sich allzu fest in den Köpfen der kleinen Leute festgesetzt. Man konnte es aus den Bemerkungen heraushören:
  • Weiche Pelzchen? Was da wohl wirklich dahinter steckt?“
  • Wie kann ich denn wissen, ob meine Pelzchen wirklich erwünscht sind?“
  • Von mir gab’s ein warmes, weiches Pelzchen und was bekam ich dafür? Einen kalten, stacheligen Stein! Ein zweites Mal wird mir das nicht passieren!“
Man weiß ja nie, woran man ist. Heute Pelzchen; morgen Steine“
Wahrscheinlich wären wohl alle kleinen Swabeduraner zu dem zurückgekehrt, was bei ihren Großeltern noch ganz natürlich war.
Mancher blickte auf die Säckchen in einer Ecke seines Zimmers, angefüllt mit kalten, stacheligen Steinen, sah diese Säckchen, die ganz eckig waren und so schwer, dass man sie nicht mitnehmen konnte. Häufig hatte man nicht einmal einen Stein zum Verschenken bei sich, wenn man einem Freund begegnete.
Dann wünschte sich der kleine Swabedurianer insgeheim und ohne es je laut zu sagen, dass jemand kommen möge, um ihm warme, weiche Pelzchen zu schenken. In seinen Träumen stellte er sich vor, wie sie alle auf der Straße mit einem fröhlichen, lachenden Gesicht herumgingen und sich untereinander Pelzchen schenkten, wie in den guten alten Tagen.
Wenn er dann aufwachte, hielt ihn aber immer etwas davor zurück, es auch wirklich zu tun.
Gewöhnlich war es das, dass er hinausging und dann sah, wie die Welt “wirklich” war.
Das ist der Grund, warum das Verschenken von warmen, weichen Pelzchen nur noch selten geschieht und normalerweise tut es niemand in der Öffentlichkeit.
Aber es kommt vor. Hie und da, immer wieder.
Und wer weiß … eines Tages vielleicht …?


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